Arbeitsunfall: Wer zahlt im Ernstfall?

Bei einem Arbeitsunfall sind Sie gesetzlich abgesichert.
Das bedeutet:

  • Sechs Wochen lang Lohnfortzahlung
  • Verletztengeld und Verletztenrente
  • Schutz auch auf dem Arbeitsweg
  • Sicherheit in der Freizeit durch private Unfallversicherung

Arbeitnehmer verbringen in der Regel acht Stunden pro Tag oder mehr an ihrem Arbeitsplatz – nicht ausgeschlossen, dass man sich in dieser Zeit einmal den Kopf in der Küche stößt und eine Gehirnerschütterung erleidet oder auf dem Weg zur Toilette schwer stürzt. Werden solche oder ähnliche Unfälle als Arbeitsunfälle anerkannt, greift die gesetzliche Unfallversicherung.

Was gilt als Arbeitsunfall?

Damit die gesetzliche Unfallversicherung einspringt, muss zunächst geklärt werden, ob es sich überhaupt um einen Arbeitsunfall handelt. Grundsätzlich zählen dazu Unfälle, die während der regulären Arbeitszeit und in den Örtlichkeiten des Arbeitgebers geschehen – das schließt im Übrigen auch Schulen, Kindertagesstätten und Universitäten sowie ehrenamtliche Tätigkeiten ein. Kindergartenkinder, Schüler, Studierende und Ehrenamtler sind damit ebenfalls über die gesetzliche Unfallversicherung bei Arbeitsunfällen geschützt.

Üblicherweise wird ein Unfall als Arbeitsunfall anerkannt, wenn
  • der Unfall durch den Arbeitnehmer nicht selbst verschuldet wurde.
  • alle Unfallschutzmaßnahmen (z. B. Tragen eines Arbeitsschutzhelms) eingehalten wurden.
  • es keine tätliche Auseinandersetzung gab, die zum Unfall führte.
  • der Arbeitnehmer sich pflichtgerecht verhalten hat.
  • der Arbeitnehmer sich zum Zeitpunkt des Unfalls nicht unter dem Einfluss von Drogen oder anderen berauschenden Mitteln befand.

Ein Unfall, der sich auf dem direkten Hin- oder Rückweg zwischen Wohnung und Arbeitsort beziehungsweise der versicherten Tätigkeit ereignet, gilt ebenfalls als Arbeitsunfall. In diesem Fall spricht man von einem Wegeunfall.

Arbeitsunfall auf der Toilette

Was die Definition eines Arbeitsunfalles angeht, gibt es einige Grenzfälle. Häufig wird erst vor Gericht entschieden, ob es sich tatsächlich um einen Arbeitsunfall handelt und die gesetzliche Unfallversicherung folglich einspringt. Ein Beispiel ist der Gang zur Toilette. In den meisten Fällen gilt, dass der Weg zur Toilette versichert ist. Nicht aber der Aufenthalt auf der Toilette selbst, denn der steht nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit. 2013 wurde allerdings ein Fall verhandelt, bei dem sich eine Bezirksamt-Mitarbeiterin auf der Toilette ihren Kopf so stark an einem geöffneten Fenster angeschlagen hatte, dass sie eine Platzwunde und eine Prellung davontrug. Hier entschied das zuständige Berliner Verwaltungsgericht zugunsten der Beamtin, also für einen Arbeitsunfall.

Wie sind Sie im Homeoffice versichert?

Viele Arbeitnehmer gehen einige Tage im Monat ins Homeoffice. Dadurch verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatbereich. Das Bundessozialgericht hat jedoch ein wegweisendes Urteil zum Unfallversicherungsschutz im Homeoffice gesprochen. Demnach ist ein Arbeitnehmer an seinem Heimarbeitsplatz, dem so genannten Tele-Arbeitsplatz, versichert. Die Risiken in der privaten Wohnung abseits des Arbeitsplatzes haben Arbeitnehmer allerdings selbst zu tragen. Im konkreten Beispiel bedeutet das: Wenn Sie sich in den Büroräumen auf den Weg zur Toilette machen oder aufstehen, um sich ein Glas Wasser zu holen, sind Sie gesetzlich unfallversichert. Möchten Sie die gleichen Wege zuhause zurücklegen und brechen Sie sich dabei beispielsweise das Bein, greift die gesetzliche Unfallversicherung nicht.

Wie erhalten Sie die Entschädigung der gesetzlichen Unfallversicherung?

Als Arbeitnehmer empfiehlt es sich, jeden Unfall sofort dem Arbeitgeber zu melden, selbst wenn es sich scheinbar nur um eine kleine Verletzung handelt. Denn im Nachhinein können Sie keine Ansprüche mehr geltend machen – auch wenn aus der kleinen Beule am Kopf plötzlich eine Gehirnerschütterung wird.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitsunfall der Berufsgenossenschaft zu melden. Dazu gehört, dass er den Unfallhergang ausführlich beschreibt und, falls vorhanden, Zeugen benennt. Die Meldung muss innerhalb von drei Tagen nach dem Unfall erfolgen. Erkennt die Berufsgenossenschaft den Unfall als Arbeitsunfall an, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Lohnfortzahlung sowie bei längerer Arbeitsunfähigkeit auf Verletztengeld und Verletztenrente.

Sind Sachschäden versichert?

Die Berufsgenossenschaft begleicht im Normalfall keine Sachschäden. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen. Zerbricht bei einem Unfall beispielsweise die Brille oder ein anderes Hilfsmittel können Sie durchaus mit einer Entschädigung rechnen. Ähnlich verhält es sich bei Sachschäden, die entstehen, wenn Sie Erste Hilfe leisten. Auch in diesem Fall wird der Schaden in der Regel durch die gesetzliche Unfallversicherung reguliert.

Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber

Jeder Arbeitnehmer hat nach einem Arbeitsunfall Anspruch auf sechs Wochen Lohnfortzahlung. Die Bedingung: Er war mindestens vier Wochen ununterbrochen in dem Unternehmen angestellt. Die Höhe der Zahlung hängt vom durchschnittlichen Gehalt der letzten drei Monate ab.

Ist der Arbeitnehmer nach sechs Wochen immer noch arbeitsunfähig, erhält er von der Krankenkasse im Auftrag der Berufsgenossenschaft ein Verletztengeld. Diese Zahlung entspricht dem Krankengeld, das man bei längeren Krankheiten erhält und beträgt 80 Prozent des Bruttoeinkommens. Verletztengeld wird 27 Wochen lang ausbezahlt, also neun Monate. Besteht danach noch immer eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 Prozent, zahlt die Berufsgenossenschaft eine Verletztenrente, auch gesetzliche Unfallrente genannt. Wie viel Rente ausbezahlt wird, ist davon abhängig, in welchem Maß die Erwerbsfähigkeit gemindert ist.

Tipp:

Nach einem Arbeitsunfall haben Sie keine freie Arztwahl. Sie müssen nach der Erstversorgung in einer Praxis oder Klinik einen Termin bei einem Durchgangsarzt, kurz D-Arzt, vereinbaren. Diese sind auf die Beurteilung von Arbeitsunfällen spezialisiert. Halten Sie sich nicht daran, kann es bezüglich der Kostenübernahme Probleme geben. Weisen Sie bei der Erstversorgung also unbedingt darauf hin, dass es sich um einen Arbeitsunfall handelt.

Können Sie nach einem Arbeitsunfall Schmerzensgeld fordern?

Grundsätzlich gilt, dass Sie bei einem Arbeitsunfall von der zuständigen Berufsgenossenschaft kein Schmerzensgeld fordern können. Auch vom Arbeitgeber oder dem Kollegen, der den Unfall verursacht hat, erhalten Sie in der Regel kein Schmerzensgeld. Der Arbeitsunfall und mögliche gesundheitliche Folgeschäden sind nur dann einklagbar, wenn der Unfall von der Firma oder von einem Kollegen vorsätzlich herbeigeführt wurde. Zum Beispiel, weil die Firma den Arbeitnehmer anweist, zugunsten der Produktivität auf wichtige Sicherheitsvorschriften zu verzichten. Bevor Sie klagen, empfiehlt es sich allerdings, eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen. Ein Anwalt für Arbeitsrecht kann den jeweiligen Fall fachkundig beurteilen und die Aussicht auf Erfolg der Klage realistisch einschätzen. Um dabei nicht alle Kosten selbst tragen zu müssen, sollten Sie über den Abschluss einer Rechtsschutzversicherung nachdenken.

Achtung! In der Freizeit besteht kein Schutz

Statistisch gesehen ereignen sich die meisten Unfälle nicht am Arbeitsplatz, sondern in der Freizeit. Und genau dann gilt die gesetzliche Unfallversicherung nicht. Rentner, Hausfrauen und Kleinkinder, die noch nicht schulpflichtig sind, sind außerdem gar nicht gesetzlich unfallversichert. Eine private Unfallversicherung ist daher in vielen Fällen sinnvoll. Dann sind Sie bei Unfällen optimal abgesichert. Vergleichen Sie am besten online die Tarife der verschiedenen Anbieter, um unnötige Unfallversicherungskosten zu vermeiden.

Zahlt die private Unfallversicherung bei Arbeitsunfällen?

Eine private Unfallversicherung leistet unabhängig davon, ob Sie in Ihrem Arbeitsfeld oder in der Freizeit einen Unfall erleiden. Wenn Sie gesetzlich und privat unfallversichert sind, dürfen Sie bei einem Arbeitsunfall Leistungen aus beiden Versicherungen beziehen.

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